Wunschkonzert

 

von Franz Xaver Kroetz

 

Regie: Sascha Bunge

Raum, Kostüm, Super 8-Film: Constanze Fischbeck

Fotografie: Mingo Wendt

 

mit: Gerda Haase und Gerald Fiedler (Stimme)

 

Freie Kammerspiele Magdeburg, 1998 

 

 

Das Zimmer des Fräulein Rasch ist bereits zu ihren Lebzeiten ein Diorama in einem Heimatmuseum. Die Schauspielerin spielt  hinter Plexiglas. Auf die seitlichen Flächen des Dioramas wurden Texte und Dias projiziert. Neben dem „Rasch“ Diorama gab es noch 2 weitere Exponate, u.a. eine weitere Vitrine mit einem ausgestopften Eber. Vom ganzen Bühnenraum gibt es keine Fotos.

 

 

In Franz Xaver Kroetz WUNSCHKONZERT befinden wir uns auf der Probebühne der Freien Kammerspiele in einem Naturkundemuseum. Gleich neben dem ausgestopften Eber ist die Glasvitrine mit dem Wohnzimmer des Fräulein Rasch, einer alleinstehenden Angestellten, deren letzen Lebensminuten vor dem Suizid wir teilhaftig werden, die zunächst selber regungslos wie ausgestopft am Stückbeginn steht. Kroetz Wunsch, daß die Unterdrückten, Ausgebeuteten ihre nichterfüllten Erwartungen und aussichtslosen Hoffnungen ihres Lebens nicht in törichten Selbstmorden vergeuden, sondern den Mut finden sollen, es in die Waagschale eines Kampfes gegen ihre Unterdrückung werfen,... ist deutlich von 1972. Sascha Bunge interessiert die Frage, "... warum es sich eine Gesellschaft leistet, auf das kreative Potential von unglaublich vielen Menschen zu verzichten, die oft das Interesse haben, dieses einzusetzen." und verlegt das Stück nach Magdeburg 1998. Bunge erfindet mit seiner Hauptdarstellerin Variationen zum Thema, erzeugt ganz brechtisch Spannung auf den Gang des Spiels, da der Ausgang bekannt ist. Zwei weitere Kommentarebenen gehören zu den glücklichen Einfällen der Inszenierung: Ein "Diavortrag" betrachtet die Außenwelt, Großaufnahmen einzelner Tätigkeiten der Hauptfigur, vermittelt Szenentitel und Kommentare, stellt Fragen...  Gerda Haases Fräulein Rasch macht im graukariertem Kostüm das Melodram zur beredten Pantomime von höchster Präzision. Diese Inszenierung sensibilisiert unsere Mitmenschlichkeit, beschreibt die Eiserne Hand der Desozialisation und wurde vom Publikum mit herzlich anteilnehmendem, starken Applaus bedacht.

Carl Ceiss in "Theater der Zeit" 11/12 1998